Content Note: Fettfeindlichkeit, Körpernorm, Fatshaming, Gewicht
Ich bin selbst eine mehrgewichtige Person, daher kann ich hier quasi aus eigener Erfahrung schreiben. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass ich mir nicht anmaßen will, für allen dicken/fetten Menschen zu sprechen. Falls sich jemand am Wort „fett“ stört, macht euch klar, dass „fett“ nur eine Beleidigung ist, weil es von vielen Menschen als solche verwendet wird. Viele Aktivist*innen nutzen es gezielt zur Selbstbeschreibung, um so das Wort zurückzugewinnen und die negative Bedeutung zu entkräften.
Wahrscheinlich macht man sich um dieses Thema wenig Gedanken bzw. nicht unter dem Aspekt den ich hier ansprechen will. Es soll hier nicht um die Gesundheitsgefahren von zu viel sitzen gehen. Hier geht es darum, dass nicht alle Stühle für alle Menschen geeignet sind bezogen auf Körpergewicht und -umfang. Es geht darum, dass Bibliotheken, sicher ohne böse Absicht, Menschen diskriminieren, die dick/fett sind.
Vermutlich gehen die meisten von euch in ein Café und suchen sich den schönsten Sitzplatz aus. Ich gehe in ein Café und suche den Sitzplatz, der Stühle ohne Armlehnen hat. Wenn das Café eine Mischung aus Stühlen bietet, wähle ich immer den ohne Armlehnen.
Und was hat das mit Bibliotheken zu tun? Auch wir bieten Sitzgelegenheiten an. Ich erinnere mich noch an eine Abstimmung der Stadtbibliothek Erlangen, die neue Stühle anschaffen wollte. Eine wilde Mischung, mit und ohne Armlehnen. Die Kommentator*innen wollten vor allem Stühle mit Armlehnen, weil es zum Lesen bequemer ist. Eine weiblich gelesene Nutzerin hat aber auch auf die Problematik hingewiesen, dass sie in die Stühle mit Armlehne vielleicht gar nicht reinpasst und plädierte dafür an Menschen zu denken, die nicht der gängigen Körpernorm entsprechen. In dem Fall ist es quasi gut ausgegangen, es wurden von der Stadtbibliothek Erlangen verschiedene Modelle gekauft, um möglichst allen Forderungen gerecht zu werden.
Ich würde dieses Vorgehen allen Bibliotheken empfehlen, die über neue Möblierung nachdenken (verschiedene Modelle, die Abstimmung in den sozialen Medien wäre nur optional). Kauft Stühle für alle, mit und ohne Armlehne.
Das gilt übrigens nicht nur für Stühle im Publikumsbereich. Auch Besucher*innenstühle bei Vorstellungsgesprächen, im Büro und natürlich die Mitarbeiter*innenstühle sollten von vornherein für eine große Bandbreite an Gewichtsklassen ausgelegt sein.
Natürlich kann man sagen, die Person kann nach einem anderen Stuhl fragen. Können ja, aber es wäre für die Person sehr demütigend. Denn wahrscheinlich wird die Rückfrage kommen, was mit dem Stuhl nicht passt. Und wer möchte schon sagen, dass man Angst hat nicht reinzupassen?
Ich habe hier nur einen sehr kleinen Teil von Fatshaming angerissen, aber es ist auch einer der Teile bei dem verhältnismäßig schnell und einfach Abhilfe geschaffen werden kann.
Kleine Aufgabe daher: durch die Bibliothek gehen und die eigene Möblierung mal kritisch betrachten. (Solltet ihre mehrgewichtige Kolleg*innen haben, fragt sie NICHT, ob sie mal testen können, inwiefern ein Stuhl noch okay ist oder nicht.)
Schreibe einen Kommentar